Beiträge im Überblick
„Hey Pippi Langstrumpf“ und ein Koffer voller Gold? / Januar 2021
Nachvergütung für „Keinohrhasen“ / Dezember 2020
Das neue Anti-Abmahngesetz / November 2020
Aus für „Badman & Robben“? / Oktober 2020
Quadratisch. Praktisch. Geschützt. / September 2020
Kein Urheberrecht für „Früher war mehr Lametta“ / August 2020
Klarer Rechtsrahmen für Influencer-Marketing / Juli 2020
Cookies auf Websiten erfordern aktive Zustimmung / Juni 2020
Januar 2021
„Hey Pippi Langstrumpf“ und ein Koffer voller Gold?
Der deutsche Text des Kinderlieds „Hey Pippi Langstrumpf“ stellt eine unfreie Bearbeitung der als Sprachwerk geschützten literarischen Figur Pippi Langstrumpf dar und bedarf deshalb der Zustimmung der Erben der Autorin. Mit Urteil vom 09. Dezember 2020 (Az.: 308 O 431/17) entschied das Landgericht Hamburg in einem durch die Erben der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren angestrengten Verfahren gegen die Münchener Filmkunst-Musikverlags- und Produktionsgesellschaft, dass der Liedtext ohne die Zustimmung der Kläger nicht weiter verbreitet werden dürfe und die Kläger außerdem Anspruch auf Auskunft über die seit 2007 mit dem Lied erzielten Einnahmen und Schadensersatz für die ihnen hieran bislang verwehrte Beteiligung hätten. Die deutsche Textversion verletze das Urheberrecht an der literarischen Figur „Pippi Langstrumpf“.
Pippi Langstrumpf beschäftigt die Gerichte immer wieder. Bereits im Jahre 2013 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit um ein Karnevalskostüm den Urheberrechtsschutz für die literarische Figur grundsätzlich bestätigt. Im Jahre 2015 wies der BGH sodann eine Klage der Erben von Astrid Lindgren gegen die Supermarktkette Penny wegen Urheberrechtsverletzung durch den Verkauf eines „Püppi“-Karnevalkostüms (rote abstehende Zöpfe, kurzes T-Shirt-Kleid und lange Ringelstrümpfe) zurück, weil die Übereinstimmungen zwischen der Romanfigur und der Supermarkt-Püppi zu gering gewesen seien.
In dem hiesigen Verfahren vor dem Landgericht Hamburg stellten die Richter fest, dass das Wesen der literarischen Figur in dem angegriffenen Liedtext von Wolfgang Franke genial zum Ausdruck gebracht worden sei und der Liedtext auch einen hohen schöpferischen Eigengehalt aufweise. Eben diese Wesenszüge machten aber die literarische Figur – den Character – der Pippi Langstrumpf aus und seien zugunsten der Autorin beziehungsweise ihrer Erben geschützt. Frankes Text knüpfe damit unmittelbar an die Schöpfung von Astrid Lindgren an und stelle deshalb eine genehmigungsbedürftige Bearbeitung der geschützten Figur dar. Durch die Übernahme ihrer Merkmale wie Haus, Affe und Pferd bringe der Liedtext zum Ausdruck, dass es sich um die Pippi Langstrumpf handele, die der Zuhörer bereits aus Lindgrens Erzählungen kenne.
Es ist davon auszugehen, dass die Münchener Filmkunst-Musikverlags- und Produktionsgesellschaft gegen das Urteil Berufung einlegen wird. Selbst wenn die Erben den Rechtsstreit am Ende gewinnen sollten, stünde damit noch nicht fest, in welcher Höhe sie an den Erträgen aus der Liedverwertung zu beteiligen wären. Die Klärung dieser Frage könnte die Gerichte sodann ein weiteres Mal über Jahre beschäftigen. Umgekehrt muss der Verlag im Hinblick auf die drohenden Schadensersatzansprüche Rückstellungen bilden. Es bleibt abzuwarten, ob die Streitparteien den Rechtsstreit ausfechten oder ihn im Vergleichswege beilegen. Denkbar wäre auch, dass der Verlag den Liedtext abändern lässt, um die festgestellte Urheberrechtsverletzung durch einen größeren Abstand zur literarischen Figur abzuwenden. Es bleibt also spannend.
Dezember 2020
Nachvergütung für „Keinohrhasen“
Die Drehbuchautorin des erfolgreichen Films „Keinohrhasen“ hat wegen des außergewöhnlichen Erfolgs des Films auf Nachvergütung geklagt und einen Etappensieg erzielt.
Der Drehbuchautorin der erfolgreichen Kinofilme „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ muss Auskunft über die aus der Verwertung der Filme erzielten Einnahmen gewährt werden. Das hat das Landgericht Berlin in erster Instanz eines gegen die Produktionsfirma und den Vertrieb der Filme angestrengten Rechtsstreits entschieden (Urt. v. 27.10.20, Az. 15 O 296/18). Beide Filme lockten Millionen Besucher in die Kinos. „Keinohrhasen“ war 2008 sogar der erfolgreichste deutsche Film in den deutschen Kinos.
Die Klage der Autorin ist auf den sogenannten Bestsellerparagraphen im Urheberrecht (§ 32a UrhG) gestützt. Dieser gewährt einen Nachvergütungsanspruch, wenn die für eine Werknutzung (hier Verfilmung) ursprünglich vereinbarte Vergütung in Ansehung der später erzielten Erträge in einem auffälligen Missverhältnis steht.
Um diesen Anspruch geltend machen zu können, muss der Anspruchsteller wissen, wie hoch die Erträge waren. Die klagende Autorin hat deshalb eine sogenannte Stufenklage erhoben, mit welcher sie in erster Stufe zunächst nur die Offenlegung der Einnahmen der Produktionsfirma Barefoot Films und des Verleihs Warner Bros. aus den einzelnen Auswertungsbereichen – also etwa Kino, DVD, Pay-TV und Streamingdienste – verfolgt. Dem Auskunftsbegehr wurde stattgegeben, weil die Zivilkammer aufgrund des überdurchschnittlichen Erfolgs der beiden Filme Anhaltspunkte für einen möglichen Anspruch der Klägerin auf weitere Beteiligung sah.
Für den Auskunftsanspruch kommt es also gerade nicht darauf an, in welcher Höhe der Autorin möglicherweise Nachvergütungsansprüche zustehen, ob sie Alleinautorin der Drehbücher war oder lediglich Mitautorin usw.. Maßgeblich ist allein, dass die Auskunft notwendig ist, um auf der nächsten Stufe umfassend die Anspruchsvoraussetzungen aus § 32a UrhG darlegen zu können.
November 2020
Das neue Anti-Abmahngesetz
Das neue Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs („Anti-Abmahngesetz“) ändert in erster Linie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), aber auch einzelne Bestimmungen des Urheberrechts- und des Designgesetzes sowie des Unterlassungsklagegesetzes.
Worum es geht
In Deutschland ist es üblich, Wettbewerber bei Rechtsverletzungen und bei Verstößen gegen den unlauteren Wettbewerb, wie etwa Verstößen gegen die Preisangabenverordnung (PAnGV) oder bei falschen Impressumsangaben abzumahnen und zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufzufordern. Solche Abmahnungen dienen der schnellen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, um teure und unter Umständen langwierige gerichtliche Auseinandersetzung zu vermieden.
Allerdings schießt die sogenannte „Abmahnindustrie“ häufig über das Ziel hinaus, indem sie Abmahnungen als Geschäftsmodell betreibt und selbst geringfügigste Verstöße flächendeckend und in großer Anzahl kostenpflichtig abmahnt. So wird das eigentliche Ziel einer Abmahnung, eine schnelle und kostengünstige Lösung eines Rechtsverstoßes zu erreichen, in ihr Gegenteil verkehrt.
Bereits 2013 sollte das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken durch Regelungen zur Reduzierung von Streitwerten Schutz vor missbräuchlichen Abmahnungen bieten, indem der finanzielle Anreiz für Abmahnungen als Geschäftsmodell reduziert werden sollte. Auch wurde das UWG um eine Regelung ergänzt, wonach missbräuchlich abgemahnte Personen einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Kosten haben. Offenbar haben diese Regelungen aber bislang nicht den gewünschten Effekt gebracht, weswegen der Gesetzgeber nun mit dem aktuellen Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs nachjustiert.
Nachdem das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs im Bundestag angenommen wurde, hat es am 9. Oktober 2020 ohne Einberufung des Vermittlungsausschusses den Bundesrat passiert. Die wesentlichen Regelungen des Anti-Abmahngesetz sind die folgenden:
Abmahnberechtigte Mitbewerber und Wirtschaftsverbände
Mitbewerber, die abmahnen, müssen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG-E tatsächlich geschäftlich tätig sein und in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Ein nach bisheriger Rechtslage schnell angenommenes konkretes Wettbewerbsverhältnis zum Abgemahnten reicht bei bloßer Randtätigkeit des abmahnenden Mitbewerbers zukünftig nicht mehr aus.
Abmahnende Wirtschaftsverbände müssen zur Abmahnberechtigung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zukünftig in der Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände nach dem neu eingefügten § 8a UWG eingetragen sein. Die Voraussetzungen zur Aufnahme in diese Liste sind in hoch. So muss der Verein kumulativ nach § 8a Abs. 2 Nr. 1 UWG mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder haben sowie nach § 8a Abs. 2 Nr. 2 UWG seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen sein und seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen haben. Mit diesen Änderungen dürften einige unseriöse Abmahnvereine aus dem Kreis der Abmahnberechtigten herausfallen.
Schutz vor rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen und Haftung
Mit dem ebenfalls neu eingefügten § 8b UWG sollen missbräuchliche Abmahnungen verhindert werden. Abmahnungen mit folgenden Merkmalen sind dabei zukünftig verboten:
- Die Abmahnung, dient vorwiegend dazu, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe geltend zu machen, § 8b Abs. 2 Nr. 1 UWG. Dieses Verbot bestand bereits nach bisherigen Recht, ist jedoch um die Fälle provozierter Vertragsstrafen ergänzt worden.
- Ein Mitbewerber macht eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend (Massenabmahnungen), § 8b Abs. 2 Nr. 2 UWG.
- Der Ansatz eines unangemessen hohen Gegenstandswerts für eine Abmahnung, § 8b Abs. 2 Nr. 3 UWG.
- Die Vereinbarung oder Forderung einer erheblich überhöhten Vertragsstrafe, § 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG.
- Der Vorschlag einer erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgehende Unterlassungsverpflichtung, § 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG.
Für alle Fälle der rechtsmissbräuchlichen Abmahnung gilt, dass der Abgemahnte die für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen – also Ersatz seiner eigenen Rechtsberatungskosten – verlangen kann, § 8b Abs. 3 UWG.
Anforderungen an eine Abmahnung, Abmahnkosten und Gegenansprüche
Zukünftig muss eine Abmahnung klar festgelegte Informationen enthalten. Ein Verstoß gegen die in § 13 Abs. 2 UWG definierten inhaltlichen Vorgaben für eine Abmahnung (z.B. Benennung des vorgeworfenen Verhaltens und die darauf zurückzuführende Rechtsverletzung) führt zukünftig dazu, dass z.B. Abmahnkosten nicht verlangt werden können. Zudem kann der Abgemahnte bei einer nicht berechtigten oder nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entsprechenden Abmahnung unter Umständen den Ersatz der Kosten für die eigene Rechtsverteidigung verlangen, § 13 Abs. 5 UWG.
Werden Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten auf Telemedien (z.B. ein Verstoß gegen die Impressumspflicht nach § 5 TMG) durch einen Mitbewerber abgemahnt, so ist der Erstattungsanspruch für Abmahnkosten zukünftig ausgeschlossen, § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG.
Das Gleiche gilt für Abmahnungen von Kleinstunternehmen (weniger als zehn Mitarbeiter und maximal 2 Millionen Euro Jahresumsatz) und kleinen Unternehmen (weniger als 50 Mitarbeiter und maximal 10 Millionen Euro Jahresumsatz) oder von vergleichbaren Vereinen mit gewerblicher Tätigkeit wegen Verstößen gegen die DSGVO oder das BDSG, § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG.
Anforderungen an Vertragsstrafenregelungen
Mitbewerber dürfen nach § 13a Abs. 2 UWG keine Vereinbarung einer Vertragsstrafe fordern, wenn die Unterlassungsverpflichtung erstmals gefordert wird.
Erfolgt die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierten Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft, besteht auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen.
In einfach gelagerten Fällen ist die Vertragsstrafe für Verstöße allerdings auf maximal EUR 1.000,00 begrenzt, ebenso der Streitwert des Gerichtsverfahrens.
Sachliche und örtliche Zuständigkeit eines Gerichts / „Fliegender Gerichtsstand“
§ 14 UWG fasst in Zukunft die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte in einer Norm zusammen und schafft den sogenannten „fliegenden Gerichtsstand“, bei dem sich der Kläger vor allem bei Verstößen im Internet das Gericht mit der ihm günstigsten Spruchpraxis aussuchen konnte, ab. § 14 Abs. 2 UWG regelt nunmehr, dass grundsätzlich nur das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Eine Ausnahme gilt nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG z.B. für Messeorte („örtlich begrenzter Kreis von Marktteilnehmern“) oder wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Fazit
Die dargestellten Regelungen ergänzen das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 1. Oktober 2013, welches bereits den Schutz vor missbräuchlichen Abmahnungen zum Ziel hatte. Die weiterhin hohe Zahl an Abmahnungen, welche primär die Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen bezwecken, macht ergänzende Regelungen zur weiteren Eindämmung eines Abmahnmissbrauchs erforderlich. Kleinst- und kleine Unternehmen werden zukünftig noch etwas besser geschützt. Insgesamt sind die Anforderungen an kostenpflichtige Abmahnungen einschließlich Vertragsstrafenvereinbarungen durch das Maßnahmenpaket des Anti-Abmahngesetzes gestiegen. Ob dies tatsächlich zu einem Rückgang rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen führen wird, bleibt abzuwarten, weil professionelle Abmahnkanzleien und -vereine sich schnell auf die neuen Anforderungen einstellen werden.
Oktober 2020
Aus für „Badman & Robben“?
Der FC Bayern München ließ Merchandisingartikel von Karikaturen seiner Spieler Franck Ribéry und Arjen Robben drucken und musste sich danach wegen einer Urheberrechtsverletzung verantworten. Am 8. September 2020 gab die auf Urheberecht spezialisierte 21. Zivilkammer des Landgerichts München I der Klage eines Grafikers gegen die FC Bayern München AG statt (Urt. v. 09.09.2020 Az. 21 O 15821/19).
Der Kläger hatte riesige Karikaturen der beiden Ex-Bayern-Stars Franck Ribéry und Arjen Robben als Varianten von Batman und Robin entworfen, die beim DFB-Pokal-Halbfinale zwischen den Bayern und Borussia Dortmund im April 2015 in der Münchner Allianz Arena in der Fankurve der Bayern gezeigt wurden. Darunter hatte er den Slogan „The Real Badman & Robben“ platziert. Der Verein druckte diesen Slogan zusammen mit neu gezeichneten, aber ganz ähnlichen Motiven auf Merchandising-Artikel, wie beispielsweise Becher und T-Shirts. Hierdurch fühlte sich der Grafiker in seinem Urheberrecht verletzt.
Der FC Bayern verteidigte sich damit, dass die Figuren „Batman & Robin“ und deren Gestaltung mit Maske nicht vom Kläger stammten, sondern vorbekannt gewesen seien. Außerdem handele es sich bei den vom Verein genutzten Bildern, um eigenständige Werke, die von den Karikaturen des Klägers abwichen. Der Slogan sei nicht selbständig schutzfähig, weil es ihm an der notwendigen Kreativität für die urheberrechtliche Gestaltungshöhe fehle.
Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht, sondern bestätigte, dass es sich bei den Zeichnungen des Grafikers im Zusammenspiel mit dem verwendeten Slogan „The Real Badman & Robben“ um ein schutzfähiges (Gesamt-)Werk handele. Der Grafiker habe „die Eigenschaften der vorbekannten Figuren mit denen der – ebenfalls bekannten – Spieler des FC Bayern neu verwoben und durch einen schöpferischen Akt neue Figuren geschaffen“.
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, kann der Grafiker Auskunft über den Gewinn, den der FC Bayern mit den Merchandise-Produkten erzielt hat, verlangen und auf diese Auskunft gestützt Schadensersatzansprüche geltend machen.
September 2020
Quadratisch. Praktisch. Geschützt.
Der Versuch von Milka, eine von Ritter Sport registrierte Formmarke für die quadratische Form von Schokoladentafeln löschen zu lassen, ist gescheitert. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. I ZB 42/19 u.a.) wird Ritter Sport auch weiterhin die einzige quadratische Schokolade in Deutschland bleiben. Der Traditionshersteller darf sich die charakteristische Verpackungsform weiter als Marke schützen lassen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in letzter Instanz entschieden.
Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG hat sich die quadratische Verpackung in den 1990er Jahren als Marke schützen lassen. Die Konkurrenz von Milka hatte zehn Jahre lang versucht, das Monopol vor Gericht zu kippen – am Ende vergeblich. Entscheidend in dem Fall war die Frage, ob die Form der Ware ihren „wesentlichen Wert“ verleiht. Denn eine Marke kann immer dann keinen Schutz beanspruchen, wenn sie ausschließlich aus einer Form besteht, „die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht“ (Art. 3 Abs. 1 lit. e Marken-RL 89/104/EWG).
Diese Voraussetzung sahen die Richter bei Ritter Sport nicht erfüllt. Die Form habe keinen künstlerischen Wert und führe auch nicht zu Preisunterschieden im Vergleich zu anderen Tafelschokoladen. Zwar sehe der Verbraucher die Verpackung als Hinweis auf die Herkunft der Schokolade und verbinde damit letztlich auch Qualitätserwartungen, er kaufe die Schokolade aber nicht hauptsächlich aus ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten. Bei dieser Beurteilung spielte die Vermarktungsstrategie von Ritter Sport mit dem bekannten Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ eine wichtige Rolle.
August 2020
Kein Urheberrecht für „Früher war mehr Lametta“
Die Antragsgegnerin vertreibt in ihrem Onlineshop T-Shirts und andere Waren mit dem Aufdruck „Früher war mehr Lametta“. Hierbei handelt es sich um ein Loriot-Zitat aus dem Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“. Loriots Erben stellten einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Betreiberin des Onlineshops, um ihr den Verkauf und die Bewerbung der Waren verbieten zu lassen.
Entscheidung
Das OLG München schloss sich der erstinstanzlichen Entscheidung des LG München an und wies den Unterlassungsantrag zurück. Der Wortfolge „Früher war mehr Lametta“ fehle es an der für eine Werkqualität i.S.v. §2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG erforderlichen Originalität und Schöpfungshöhe.
Für eine Einordnung als urheberrechtlich geschütztes Werk sei erforderlich, dass es eine persönliche geistige Schöpfung seines Urhebers zum Ausdruck bringe. Auch wenn man den Maßstab der sogenannten kleinen Münze bei Sprachwerken zugrunde lege, so das OLG München weiter, erhalte die Wortfolge ihre Besonderheit und Originalität allein durch die Einbettung in den Loriot-Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ und die Situationskomik. Losgelöst hiervon handele es sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz, der entweder schlicht zum Ausdruck bringe, dass früher mehr Lametta benutzt wurde, oder metaphorisch, dass es früher „mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches“ gegeben habe.
Daran änderten auch die geltend gemachte grammatikalische Originalität der Wortfolge und die Absicht nichts, den Ausspruch „Früher war alles besser“ der Lächerlichkeit preiszugeben. Schließlich sei für die Beurteilung der Werkqualität auch unbedeutend, dass die Wortfolge für verschiedene Produkte verwendet wurde, da auch banale Wortfolgen nachgefragt sein könnten.
Praxishinweis
Die Entscheidung stützt sich auf die „Infopaq“-Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2009. Der EuGH hatte geurteilt, dass eine aus elf Teilen bestehende Wortfolge urheberrechtlichen Schutz genießen kann. Das Bejahen der Schutzfähigkeit stand jedoch auch dort unter dem Vorbehalt, dass die zitierten Worte selbst die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen müssen. Vorliegend vermochten die Münchner Richter zwar dem Hauptwerk „Sketch“ Werkqualität zuzuerkennen. Die Einbettung des Satzes „Früher war mehr Lametta“ in diesen und die Situationskomik vermochten der an sich nicht eigentümlichen Wortfolge aber nicht die hinreichende Schöpfungshöhe zu verleihen.
Anders hat das LG München im Jahr 2014 entschieden. Dort hielt es besonders eigenschöpferische Buchrezensionen für urheberrechtlich schutzfähig und bejahte den Werkschutz für die Verwendung des Begriffs „schwarzes Loch“ für eine Zeitepoche und die Wortfolge „Feuerwerk kriminalistischer Harmlosigkeit“.
Angesichts der insgesamt eher restriktiven Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit knapper Wortfolgen sind Agenturen und Werbungtreibende gut beraten, sich nicht auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit kurzer Wortfolgen oder Slogans zu verlassen. Stattdessen sollte hierfür stets die Anmeldung einer Wort- oder einer Wort-/Bildmarke erwogen werden.
Juli 2020
Klarer Rechtsrahmen für Influencer-Marketing
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz will einen sicheren Rechtsrahmen für unentgeltliche Empfehlungen von Influencern und Bloggern schaffen und hat dazu am 13. Februar 2020 einen Regelungsvorschlag veröffentlicht.
Obgleich Cathy Hummels den gegen sie wegen angeblicher Schleichwerbung geführten Prozess im vergangenen Jahr gewinnen konnte, brachte der Prozess nicht die gewünschte Klarheit, ob Influencer und Blogger überhaupt noch Dinge anpreisen dürfen, ohne das als Werbung zu kennzeichnen – auch wenn es sich nicht um Werbung handelt. Daher begannen viele Influencer, jeden einzelnen Post mit Hashtags wie #Anzeige oder #Werbung zu versehen – obwohl es sich nicht zwangsläufig um solche handelte.
Nach dem neuen Gesetzesentwurf, der das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergänzt, soll der Vermerk dann nicht mehr nötig sein, wenn die Äußerungen ohne Gegenleistung erfolgen und vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen. Würde der Gesetzesvorschlag ratifiziert werden, brächte das nicht nur Klarheit, sondern auch Rechtssicherheit – sowohl für Unternehmen als auch Influencer.
Juni 2020
Cookies auf Websiten erfordern aktive Zustimmung
Nutzer müssen der Verwendung von Cookies im Internet aktiv zustimmen, eine voreingestellte Lösung ist nicht mehr zulässig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 28.05.2020 in seiner Entscheidung „Cookie-Einwilligung II“ entschieden. Das Urteil hat weitreichende Folgen für die Einwilligungsgestaltung von Webseitenbetreibern in Deutschland. Denn bislang gab es für deutsche Internetportale ein Schlupfloch im Telemediengesetz.
Dem Urteil liegt ein Streit zwischen einem Anbieter von Onlinegewinnspielen, Planet49, und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen zugrunde. Die Verbraucherschützer hatten gerügt, dass ein voreingestelltes Häkchen zur Cookie-Einwilligung den Nutzer unangemessen benachteilige und klagten auf Unterlassung. Der BGH hatte die Frage zu klären, ob ein Nutzer durch ein voreingestelltes Kästchen überhaupt wirksam der Cookie-Setzung zustimmen kann. Im Fokus des Streits stand die Vereinbarkeit des deutschen Telemediengesetzes (TMG) mit der europäischen E-Privacy-Richtlinie. Während die E-Privacy-Richtlinie Webseitenbetreiber dazu verpflichtet, den Nutzer aktiv zustimmen zu lassen, wenn personenbezogene Daten gespeichert werden, lässt das deutsche TMG, auf das sich Planet49 berief, die Option eines Widerspruchs offen. Hiernach müsste ein Webseitenbesucher also lediglich über das Setzen von Cookies und seine Möglichkeit dem zu widersprechen aufgeklärt werden (Opt-out-Lösung). Der BGH entschied nun, dass die deutsche Lösung nicht zulässig ist.
Unter Datenschützern ist die Gestaltung und Verwendung von technisch nicht notwendigen Cookies, also etwa für Marketingzwecke, schon lange umstritten. Ursprünglich sollte mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 auch eine neue E-Privacy-Verordnung kommen. Als Verordnung würde sie – anders als eine Richtlinie, die die nationalen Gesetzgeber lediglich zur Umsetzung verpflichtet – unmittelbar wirken und nationales Recht verdrängen. Gerade im Hinblick auf die Handhabung von Cookies konnte sich jedoch bis heute kein Entwurf durchsetzen. Insofern bringt das neue Urteil des BGH zumindest vorläufig mehr Planungssicherheit für deutsche Unternehmen im Umgang mit dem User-Tracking. Ob die Verpflichtung zur aktiven Einwilligung auch für unbedingt erforderliche – funktionale – Cookies gilt oder, ob diese nach wie vor in den gängigen Cookie-Consent-Management-Tools voreingestellt werden können, wurde in dem Verfahren nicht entschieden.