Tom Klein (Hessischer Rundfunk), Christian Kreutz (Frankfurt Gestalten), Moderatorin Martina Metzner und Prof. Sebastian Oschatz (MESO, DDC).

Beim DDC Salon am 14. März 2025 in Frankfurt am Main sprachen Tom Klein (Hessischer Rundfunk), Christian Kreutz (Frankfurt Gestalten) und Prof. Sebastian Oschatz (MESO, DDC) über die Optionen, die Europa für eine digitale Souveränität hat – und die Bedeutung von Design dabei.

Big-Tech-Unternehmen dominieren zunehmend durch Plattformen wie Meta (Instagram und Facebook), X oder TikTok den öffentlichen Diskurs und gefährden die Demokratie. Fake News, Hate Speech, intransparente Algorithmen, KI-Technologien und eine politische Agenda in einem weitestgehend unregulierten Raum führen zu einer bedenklichen Meinungsmachtkonzentration. Wie können soziale Netzwerke unsere Demokratien unterstützen und nicht gefährden? Welche Rolle spielen klassische Medien darin? Und welchen Beitrag kann Design dazu leisten?

Darüber haben wir beim DDC Salon Frankfurt „Soziale Netzwerke – Gefahr für die Demokratie?“ geredet mit Tom Klein (Koordinator Community Management beim Hessischen Rundfunks), Christian Kreutz (Digital Strategist, Frankfurt Gestalten) und Prof. Sebastian Oschatz (MESO, DDC), moderiert von Martina Metzner, Journalistin und DDC Redakteurin. Host des Abends war Elisabeth Budde, DDC Regional Director. Der DDC Salon in den Räumen von MESO Digital Interiors, initiiert von Martina Metzner und Prof. Sebastian Oschatz, war schnell ausgebucht, mit rund 30 Gästen war das Interesse an dem brisanten Thema groß. 

Tom Klein und Christian Kreutz

Elisabeth Budde als Regional Director des DDC begrüßte die Gäste und eröffnete den Abend mit dem Hinweis darauf, dass der DDC sich von Anfang an aktiv an dem Bewerbungsprozess für World Design Capital FRM beteiligt hat, deren Thema „Design for Democracy. Atmospheres for a better life“ ist. „Wir im DDC sind besonders darauf sensibilisiert, Gefährdungen für die Demokratie zu beobachten und in den Fokus zu stellen“, so Elisabeth Budde.

Host des Abends: Elisabeth Budde, DDC Regional Director

Mit Blick auf die Vorgänge von Big-Tech in den USA der vergangenen Wochen, lässt sich sagen, dass wir ein klares Problem haben, was die freie demokratische Meinungsbildung in digitalen Räumen angeht. Beim DDC Salon wollten wir uns aber nicht jammernd in die Arme fallen, sondern nach Lösungen suchen. Die Diskussion wurde von der Frage geleitet, was es für Optionen gäbe aus der Abhängigkeit der sozialen Netzwerke hier in Europa herauszukommen?

»Das ist der beste Wake-up Call, der uns hätte passieren können. «

Christian Kreutz, Frankfurt Gestalten

Tom Klein gab Einblicke, wie sich der Hessischer Rundfunk in der Gemengelage positioniert. Öffentlich-rechtliche Medien haben den Auftrag alle Gesellschaftsgruppen zu erreichen, so Klein, man müsse dort sein, wo die Rezipient*innen sind. Außer, die Plattformen verstoßen eklatant gegen demokratische Prinzipien – wie das bei X von Elon Musk der Fall sei. Vor kurzem hat die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ihren hessenschau-Kanal mit 270.000 Follower*innen bei X eingestellt. Klein stellte auch das internationale Kooperationsprojekt „Public Spaces Incubator“ vor, das darauf abzielt, Websites, Apps und andere digitale Plattformen öffentlich-rechtlicher Sender besser für einen konstruktiven öffentlichen Dialog nutzbar zu machen.

Tilman Bares (DDC) und Mathias Wolin (MESO)

Christian Kreutz ist gefragter digitaler Stratege und Open Knowledge Aktivist – berät global agierende Unternehmen wie die KfW bei deren digitalen Projekten. Kreutz setzt sich für offenen Wissenszugang durch digitale Tools ein – sichtbar etwa durch seine Mitgründung der – Lokalplattform 'Frankfurt Gestalten'. Für ihn ist digitale öffentliche Infrastruktur der Schlüssel zu mehr Vielfalt und einer lebendigen Demokratie, da sie offene Räume für Bürgerbeteiligung schafft. Er sieht in der aktuellen Krise auch eine Chance: „Das ist der beste Wake-up Call, der uns hätte passieren können.“

Prof. Sebastian Oschatz betonte die Bedeutung von Design in diesem Zusammenspiel: „In Zeiten großer Umbrüche können Dinge schnell geschehen. Manchmal müssen sie es auch. Gute Ideen in der Schublade zu haben ist wichtiger denn je. Offensichtlich ist, wie schlecht die großen Plattformen jenseits des Couch-Potatoe Use-Cases funktionieren.“ Oschatz regte an, groß zu denken: Europa sei voll mit funktionierenden Communities, die alle unter den begrenzten Funktionen der großen Plattformen leiden. Hier bestünde eine enormes Potenzial für Gestaltung. 

Haben den DDC Salon initiiert: Martina Metzner und Prof. Sebastian Oschatz.

Das Panel blickte mutig in die Zukunft: Alle drei waren sich einig, dass die Power und Kompetenz in Europa vorhanden sei, dass man diese aber engagiert und zielgerichtet bündeln müsse. Die Politik, so war man sich unisono einig, tue viel zu wenig. Mit Blick auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen zur neuen Regierung müsse man erschreckenderweise feststellen, dass die digitale Souveränität in Europa in den Verhandlungen nicht vorkomme. Das Thema Regulierungen wurde unterschiedlich bewertet: „DSGVO“ oder der „European Services Act“ werden oft als Innovations- und auch Wirtschaftsbremse formuliert. Auf der anderen Seite ließe sich die Macht der großen Plattformen allerdings nur mit kluger Regulierung einhegen, so das Panel. Dies könne im nächsten Schritt einen enormen Innovationsschub erzeugen.

Olaf Barski (DDC) und Christine Fehrenbach (Hessen Design)

Insgesamt spürte man auch eine gewisse Sehnsucht, nicht nur der Panelteilnehmenden, sondern auch aus dem Publikum, dass die Öffentlich-Rechtlichen hier ein stärkere Rolle übernehmen könnten, etwa in Form einer Trägerschaft für europäische soziale Netzwerke, um Qualitätsstandards wie Unabhängigkeit, Datenschutz oder Fact-Checking zu sichern. Das sollten auch rein wirtschaftliche Überlegungen sein. Immerhin gehen 40 Prozent der Werbeeinnahmen durch die großen Plattformen an den klassischen Medien vorbei.

Das Thema wird uns weiter beschäftigen, schloss Elisabeth Budde die Gesprächsrunde ab. Großen Dank an die Panelteilnehmenden, unsere Gäste sowie die Initiator*innen Martina Metzner und Prof. Sebastian Oschatz samt Team von MESO Digital Interiors.

 

Bilder © Judith Augustin (DDC), Olaf Barski (DDC), Christine Fehrenbach (Hessen Design)